Bahnbrechendes Projekt: Interaktive Gottesdienste bei MKN

Problem: Leere Kirchen

Das Problem ist jeden Sonntag in der Kirche zu beobachten: Immer weniger Leute treibt der Wunsch nach Communio, Gebet und Spiritualität ins Gotteshaus – und die, die da sind, machen nicht selten ein derart finsteres Gesicht, als würden sie gerade im Kopf ausrechnen, was ihr Aktienpaket noch wert ist. Wenn die Halbwertszeit der Besucherzahlen bei unseren Gottesdiensten stabil bleibt, kann der Pfarrer in wenigen Jahrzehnten die Messe als Kleingruppenveranstaltung gestalten.

Derartige Zustände machen natürlich Maßnahmen nötig, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat! Aus diesem Grund bietet die katholische Pfarrei Maria Königin Niedernhausen als Pilotprojekt des Bistums einen interaktiven Gottesdienst im weltweiten Internet an.  Das Wort „interaktiv“ wird dabei besonders ernst genommen. Es geht also nicht darum, über einen Livestream lediglich den Gottesdienst zu übertragen, der Nutzer kann tatsächlich in den Ablauf eingreifen. Dazu einige Beispiele.

Interaktiv: Freie Musik- und Predigtwahl

Da wäre das Liedgut. Nicht wenige Menschen finden heute einfach keinen Zugang mehr zu der klassischen Orgelmusik, die Motivation zum Mitsingen ist ins Bodenlose gefallen und die Textsicherheit … gut, dass es Gesangbücher gibt. Auf der neuen Webseite kann der Nutzer entscheiden, welche Musik er hören möchte. Zur Auswahl stehen Orgelmusik, neues geistliches Lied, kirchliche Chartmusik (empfehlenswert für alle Großer-Gott-wir-loben-dich-Fans), aber auch progressivere Geschichten wie christlicher HipHop und Mary-Metal. Wem auch das noch zu sehr nach Weihrauch-Sound klingt, kann sich auch das laufende Programm des hessischen Rundfunks aufschalten lassen. Für eilige Nutzer gibt es schließlich auch eine Gottesdienst-Version ganz ohne Musik, die eine halbe Stunde dauert. Wer auf die Musik nicht verzichten will, hat die Wahl zwischen Liveübertragung aus der Kirche (nur für Tapfere empfehlenswert), Studioaufnahme und Karaokeversion (teilweise auch auf Latein verfügbar).

Der nächste Punkt sind die Lesungen und die Predigt. Während der Klerus darauf bestand, dass das Evangelium von einem Geistlichen zu verlesen sei und sich auch nicht darauf einlassen wollte, die Texte rappen zu lassen, zeigte man sich bei den anderen Lesungen und der Homilie durchaus kompromissbereit. So steht der Internet-Nutzer u.a. vor der Wahl, sowohl den Text der Lesungen zu variieren, sie zu wiederholen, sich einen erklärenden Text aus einem gängigen Bibelkommentar einblenden zu lassen und auch den Lektor auszuwählen. Zur Wahl stehen wieder die Live-Lektoren aus der Kirche, Lektoren aus anderen Kirchen, die per Live-Schaltung eingeblendet werden können, sowie einige Models in Abendkleidern, die den visuell interessierten Christ anlocken sollen. Ähnliche Auswahlmöglichkeiten bestehen bei der Predigt. Statt der eigentlichen, die in der Kirche stattfindet, sind u.a. auch eine kindgerechte Katechese von der Gemeindereferentin sowie ein Liedvortrag von Woza Moya verfügbar, selbstverständlich in 12 verschiedenen Sprachen. Wem auch das noch zu langweilig ist, kann sich alternativ 10 Minuten aus irgendeinem Bibelschinken wie „Die zehn Gebote“ oder „Ben Hur“ ansehen.

Bahnbrechende Lösungen bei Kommunion und Friedensgruß

Auch für Gottesdienstbestandteile wie Friedensgruß und Kommunionausteilung wurde eine Lösung gefunden. Der Friedensgruß erfolgt über ein spezielles Chat-Programm, das immer zur richtigen Stelle der Messe für eine Minute freigeschaltet wird. Massengrüße und Kettenmails sind ausdrücklich nicht erwünscht. Die Kommunion gestaltet sich auch recht einfach. Man muss sich im Vorhinein eine Anzahl ungeweihter Hostien besorgen. Eine hält man dann während der Wandlung an eine bestimmte Stelle des Bildschirms, wodurch eine jüngst vom Vatikan ratifizierte Fern-Wandlung geschieht. Ist diese durchgeführt, blinkt ein grüner Balken am Bildschirm und man ist bereit zu kommunizieren.

Diese Maßnahmen sollten nun tatsächlich dazu beitragen, dass sich wieder mehr Leute für die Kirche interessieren. Der Probebetrieb beginnt am 1. April 2009, Sie können sich hier anmelden.